Sonntag, 28. Januar 2018

Die dunkelste Stunde (2018)

„Nichts als Blut, Mühsal, Tränen und Schweiß“ lautet der bekannte und emotionale Satz, mit dem Winston Churchill als Kriegsminister und erklärter Faschismus-Gegner in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Das Historien-Drama schildert die Tage und Wochen von der Ernennung Churchills zum Premierminister bis zur ‚Operation Dynamo’, der Evakuierung der Truppen in Dün­kirchen, und beleuchtet, wie er gegen heftige Widerstände durchsetzt, sich nicht auf Verhandlungen und faule Kompromisse mit Hitler einzulassen, sondern sich ihm, gemeinsam mit den USA als Verbündete, entschlossen entgegenzustellen, auch um den Preis hoher Verluste.

DIE DUNKELSTE STUNDE (Darkest Hour) ist vor allem eine One-Man-Show des wundervollen Gary Oldman, der schon immer ein sehr gutes Händchen für spezielle und extreme Charakter-Rollen hatte. So spielte er in der Vergangenheit den leidgeprüften Sex Pistols-Drogenwrack-Bassisten Sid Vicious, John F. Kennedys Mörder Lee Harvey Oswald genauso genial wie Bram Stokers Dracula. Selbst unter dem dicksten Make-Up und Fatsuit vermag er noch Präsenz und Charisma zu versprühen und zeigt hier eine wahre schauspielerische Meisterleistung. Wie lange auch immer Oldman in der Maske gesessen haben muss, die Mühe hat sich auf alle Fälle für ihn ausgezahlt. Er kann sich schon mal daheim einen Platz in seiner Vitrine für den Oscar freimachen, den er todsicher Anfang März gewinnen wird. Durch seinen starken Auftritt kommen andere nennenswerte Schauspieler leider etwas zu kurz, wie beispielsweise Ben Mendelssohn als King George oder Kristin Scott Thomas, die hier seine treusorgende Frau Clementine ebenfalls sehr sehenswert und fantastisch mimt. Sie alle bieten Oldman dafür genug Raum für seine facettenreiche Performance, die er als einen Charakter mit Ecken und Kanten darstellt, der einerseits maß- und respektlos agiert, auf der anderen Seite eine Kraft ausstrahlt, die bewundernswert erscheint. Bevor er dann wieder den nächsten Wutausbruch bekommt und schön austeilt.

Ähnlich wie schon Spielbergs LINCOLN konzentriert sich hier Regisseur Joe Wright (ABBITTE) auf die nachdrücklich thematisch relevante Zeit seiner Hauptfigur. In einem Art Countdown werden hier die ausschlaggebende Tage Churchills vors Auge geführt, man sieht nur ganz wenige Kriegssequenzen, denn die Geschichte konzentriert sich in erster Linie auf die Machtstruktur, das Parlament und Churchills Privatleben. Seine teils cholerisch penible Art, die vor allem die Sekretärin verbal zu spüren bekommt, wird hier gleich zu Anfang des Films lebendig präsentiert. In den leisen Momenten sieht man dann aber auch einen Churchill, der voller Selbstzweifel mit sich und seinem heißgeliebtem Scotch hadert. Und natürlich der Zigarre in der anderen Hand.

Dramaturgisch dicht erzähltes Kammerspiel, wenn auch dank der historischen Fakten etwas vorhersehbar, vortrefflich ausgestattet, wenn auch in kühlen Farben gehalten und musikalisch packend untermalt, wenn auch Komponist seine beste Arbeit bis dato für den Film ABBITTE abgeliefert hat. Sehr gelungen und amüsant ist vor allem die Szene in der U-Bahn, als Churchill Kontakt zu den doch sehr verwunderten Bürgern sucht, die ihn dort nicht wirklich erwartet hätten. Oder wie würden Sie reagieren, wenn plötzlich morgens in der S-Bahn Frau Merkel neben Ihnen stehen würde?

Wer übrigens noch eine andere tolle Darstellung Winston Churchills  verkörpert sehen möchte, dem empfehle ich die britische Drama Serie THE CROWN.
In dieser schlüpft John Lithgow in die dankbare Rolle des bedeutendsten britischen  Staatsmannes des 20. Jahrhunderts.


08/10

Donnerstag, 21. September 2017

mother! (2017)

Achtung!! In dieser Rezension wird teilweise gespoilert!

Die Handlung:

Er (Javier Bardem) und Sie (Jennifer Lawrence) sind ein namenloses Paar und leben abgeschieden in einem viktorianischen Landhaus ohne Smartphone und Fernseher mitten im walddichten Nirgendwo. Bardem ist Schriftsteller und plagt sich gerade mit einer Schreibblockade, während Lawrence das gemeinsame Haus nach einem verheerenden Brand selbstständig und aufopferungsvoll renoviert und aufhübscht. Irgendwann klingelt es an der Tür,  der Fremde (Ed Harris) stellt sich als Arzt und großer Fan von Bardems Werk vor. Wie selbstverständlich gewährt er dem Eindringling einen Schlafplatz und Zuflucht im Haus, was Ihr so gar nicht genehm ist. Nur ein Tag darauf taucht plötzlich auch die Frau des Fremden (Michelle Pfeiffer) auf, die ebenfalls kurzerhand in das Haus einzieht.  Zur Eskalation kommt es schließlich, als dann noch die Beiden Söhne der Fremdlinge einlaufen. Was dann folgt ist ein Mord, eine ersehnte Schwangerschaft und der inspirierende Funke für den Dichter (der sein Meisterwerk erschaffen wird), bevor buchstäblich die Hölle im trauen Heim ausbricht.

Darren Aronofskys 7. Regiearbeit ist ohne Frage ein kontroverser Film, über den im Vorfeld schon vieles zu lesen und zu hören war. Ein cineastischer Albtraum, hieß es, bei den Filmfestspielen in Venedig vom Publikum gnadenlos ausgebuht, außerdem wurden vielerorts Vergleiche mit Polanskis Klassiker ROSEMARY'S BABY unternommen.

Erst mal stellt sich die Frage: Welches Genre wird hier bedient? Drama, Psychotrip, Horror, Groteske, Arthaus, göttliche Komödie? Von allem etwas, würde ich sagen.
Ist ‚mother!’ das ROSEMARY'S BABY der Neuzeit? Jein.  Ja, es gibt eindeutig Parallelen, wie die Schwangere und zweifelnde Ehefrau, der Künstler der nach dem Erfolg giert und das Böse, das von Außen in die heilige Privatsphäre eindringt. Im Polanskis Klassiker waren es die direkten Nachbarn, die sich als Satanisten entpuppten und John Cassavetes eine Schauspielkarriere versprachen. Bei Aronofsky sind es die glühenden fanatischen Fans von Bardems Charakter, die ihn und sein Werk überkultisch verehren, bevor die Apokalypse ausbricht. Und Nein, es ist kein RB Remake geworden, zum Glück.

Und ist der Film sehenswert? Zum Teufel, ja!!

Es gibt einige Interpretationsmöglichkeiten, die man im Internet nachlesen kann. Ich finde aber, man sollte sich unvoreingenommen und möglichst ‚keusch’ auf diese Erfahrung einlassen und seine eigenen Interpretationen aus dieser Geschichte ziehen, sofern man denn das überhaupt kann und auch entschlüsseln will. Denn eines ist sicher, kalt lassen wird der Film niemanden (vorausgesetzt man ist nicht völlig abgestumpft).

Lawrence Figur, die unentwegt an der Kamera haftet,  scheint mit dem Haus irgendwie verbunden zu sein,  das wird gleich zum Anfang klar. Jedes mal, wenn sie die Wände berührt, nimmt Sie Kontakt zu dem ‚inneren Organ’ des Hauses auf...daraufhin fangen die Wände und der Fußboden an zu bluten. Es ist nicht von der Hand zu weisen, die biblische Symbolik  und Metapher durchstreift den kompletten Film, es ist eine Art abstrakte Version der ‚Buch der Bücher’, also der Bibel.

Bardem (ER, großgeschrieben) und Lawrence (mother! kleingeschrieben) sind ein gegensätzliches Paar. ER ist meistens egozentrisch und distanziert, sie anhänglich und bedürftig. Es herrscht Liebe und Schrecken in der Beziehung. Auf den ersten Blick ist ER der Künstler (DER Erschaffende) und sie seine Muse (die gequälte Ehefrau, die sich zu Hause ein Paradies erschaffen möchte). Pfeiffer und Harris könnten als Adam und Eva durchgehen, die aus Lawrence Paradies vertrieben werden (als Bardem das Wort in Zorn erhebt, nachdem Pfeiffer sein ominöses ‚Kristall’ zerstört hat). Die Söhne der Beiden, von denen nur einer überleben wird, kann man als Kain und Abel auslegen. Dann der Wasserrohrbruch, verursacht durch die Fremden im Haus, vielleicht eine Anspielung auf die Sintflut? Und als das komplette Chaos regiert und Lawrence schmerzerfüllt die Welt nicht mehr versteht, sieht Bardem einfach nur zu und unternimmt nichts (und ich würde ihn als Gott sehen, der sein Gesamtwerk den Menschen überlässt, auch wenn Chaos und Zerstörung die Folge ist. Klingt schon ziemlich biblisch, oder?). Der Film ist voll von solchen Anspielungen. Vielleicht kann man es sich auch einfach machen und die Handlung schlichtweg auf den Künstler und seine Muse beschränken und der Frage: Wie weit darf die Eitelkeit des Ruhms auf Kosten der Privatsphäre gehen?
Der  Showdown ist extrem gewalttätig, aber meiner Meinung nach alles andere als sinnlos.  Am Ende schließt sich jedenfalls erzählerisch der Kreis und wenn der Abspann kommt, wissen wir als Zuschauer genau wie die Geschichte weitergeht.

Die Besetzung ist erstklassig, Javier Bardem überzeugt als Autor in der Schaffenskrise und Ed Harris als todgeweihter Eindringling ist wie immer fantastisch.
Trotzdem, die klaren Abräumer-Rollen haben hier eindeutig die Frauen ans Land gezogen. Allen voran Jennifer Lawrence, die hier eine Performance abliefert, die Alle Hater und Neider erstummen lassen wird, mag man von dem Film selbst halten was man will, Lawrence ist hier eine Offenbarung. Ich vermute auch mal stark, dass die finanzielle Verwirklichung des Filmes vor allem durch ihre Star-Power erst möglich gemacht worden ist.  In einer dankbar unsympathischen Rolle brilliert Michelle Pfeiffer, als ungebetener und trinkfester Gast, die selbstbestimmt, arrogant und so boshaft agiert, dass man Sie am liebsten sofort erwürgen möchte. Auch die eher als Komödien-Actrice bekannte Kristen Wiig („Brautalarm“) ist hier völlig gegen ihren Typ besetzt und agiert als eiskalte Verlegerin, die auch mal über Leichen geht, wenn’s sein muss. Interessant die Tatsache, dass hier während der gesamten Spielzeit keine herkömmliche Filmmusik zu hören ist, lediglich Geräusche und Klänge sind wahrzunehmen, eingespielt von dem Isländer Johann Johannsson, der zuvor schon ‚Arrival’ und ‚Die Entdeckung der Unendlichkeit’ musikalisch veredelt hat.

Die Kritiker urteilen sehr gemischt über ‚mother!’.  Die einen argumentieren recht harsch und finden das Spektakel Geschmacklos und übertrieben. Die anderen sehen darin einen exzellenten Beitrag und wütenden Aufschrei über den besorgniserregenden Zustand dieser Welt. Der Rest schließlich ist uneinig, loben den Großteil, verreisen ihn aber für den letzten Drittel des Films. Mittlerweile hat sich auch der Regisseur zu Wort gemeldet und seine Sicht der Dinge und Erklärungen zum Werk offengelegt.

Ich persönlich finde es mitreißend, wie Aronofsky hier völlig kompromisslos mit einer progressiven Brutalität und auch einem gesundem Schuss Arroganz seine Geschichte in 120 Minuten erzählt.  Das tat er auch schon zuvor mit BLACK SWAN, THE FOUNTAIN und REQUIEM FOR A DREAM, ein Wahnsinnsfilm und einer meiner Lieblingsfilme Aller Zeiten. Aronofsky gehört für mich zu den besten und spannendsten Regisseuren der Gegenwart, neben Paul Thomas Anderson und vielleicht noch Alexander Payne.

Ich bin jedenfalls begeistert und glücklich darüber, dass solche Filme überhaupt noch entstehen und wir gebannt ins Kino stürmen können. Auch wenn mother! alles andere als leicht verdauliche Kost daherkommt und mich tatsächlich in der Folge-Nacht teilweise um den Schlaf gebracht hat. Aronofsky jagt hier gnadenlos alles in die Luft und zelebriert ein fiebertraumartiges Glanzstück, das mit einem ordentlichen Knall endet.

Eine verstörende Zumutung, ja. Aber auch  gleichzeitig ein Volltreffer!
Für mich jetzt schon ein Klassiker.

9.5/10


Rosemary's Baby (1968) und mother! (2017)

Sonntag, 4. Januar 2015

Die Besten Filme 2014

Viele Filme wurden dieses Jahr geschaut, aber bei weitem leider auch nicht durchgehend alles was mich interessierte, da fehlte mir hier und da doch etwas die Zeit regelmäßig ins Kino zu gehen. Folgende Filme habe ich gesehen, die es nicht in den Countdown geschafft haben (aber zwangsläufig nicht schlecht sind): INTERSTELLAR, GODZILLA, YVES SAINT LAURENT und AMERICAN HUSTLE. Das hier sind meine Top 15 aus 2014:





15. Im August In Osage County

Dialoglastig, aber hervorragend besetztes Familienensembledrama, angeführt von Meryl Streep und Julia Roberts. Der verbale Schlagabtausch zwischen den Beiden hat’s auch in sich oder haben Sie schon mal je aus Pretty Womans Mund: „Eat The Fuckin‘ Fish, Bitch!“ gehört?



14. Dallas Buyers Club
Ein wichtiger und aufwühlender Film über das Thema AIDS in Amerika in den 80er Jahren. Der Mann der Stunde Matthew McConaughey spielt hier einen rassistischen und homophoben Rodeoreiter, der sich mit dem Virus ansteckt und im Laufe des Films eine Wandlung durchlebt, glücklicherweise frei von jeglichem Hollywood-Kitsch. Jared Leto ist hier auch wundervoll als gutherzige Transe.
13. Only Lovers Left Alive
Nicht schon wieder ein Vampirfilm! Aber es gibt Entwarnung: Das ist hier ein leiser, lässiger und toll gefilmter Streifen mit der einzigartigen Tilda Swinton, vielleicht kann man auch sagen: TWILIGHT für Erwachsene?! Atmosphärisch, lakonisch und tiefgründig. Kongenial von Jim Jarmusch in Szene gesetzt.
12. Philomena
Auf wahre Begebenheiten beruhend mimt hier die fabelhafte Judi Dench die titelgebende und gläubige PHILOMENA, die sich zusammen mit dem etwas zynischen Atheisten und Journalisten Sexsmith (Steve Coogan) auf die Suche begibt, ihren verlorenen Sohn  wiederzufinden. Tolles Drehbuch mit der genau wohldosierten Portion aus Tragik und Humor.
11. Nebraska
Im strengen s/w gefilmt geht’s hier um den etwas dementen und sturen Woody (Bruce Dern), der glaubt eine Million Dollar gewonnen zu haben. Gemeinsam mit seinem Sohn und seiner Frau Kate (super: June Squibb) macht er sich auf die Reise nach Nebraska in die gemeinsame Vergangenheit, aus der wir lernen werden, das die großen amerikanischen Werte wie Religion und Geld sich in diesem Umfeld als bizarres Auslaufmodel entpuppen. Ein weiterer Volltreffer für Regisseur Alexander Payne. Sehenswert!

10. Mr. Turner – Meister des Lichts
Ein Biopic über den exzentrischen Maler William Turner, genial dargestellt von Timothy Spall. Einer meiner Lieblingsregisseure Mike Leigh (LÜGEN UND GEHEIMNISSE) hat dieses kunstvolle Werk mit dem richtigen Gespür aus Turners Geist und Zeit eingefangen. Und Spalls ausgezeichnetes Farbpalettespiel wird hoffentlich bei den nächsten Oscars zumindest mit einer Nominierung bedacht.


9. Maps To The Stars
Hier zeigt uns Regisseur David Cronenberg Horror, aber der etwas anderen Art. Es geht um Die Maschinerie Hollywood, den Wirkenden vor und hinter dem ganzen Glamour mit all seiner Verlogenheit, Perfidität, Selbstverliebtheit und den abgründigen Geheimnissen. Mutig hier auch die wie immer sensationelle Julianne Moore in einer Rolle, die mit Sicherheit nicht jede spielen würde und könnte. Eine bitterböse Komödie vom Anfang bis zum Finale!




8. Snowpiercer
Ein Actionfilm, so wie ich ihn mag. Aufregend und toll besetzt (und schon wieder Tilda Swinton!) geht es hier um die letzten Menschen auf der Erde in einem Hightech-Zug, das ewig seine Kreise zieht, bis die unter erbärmlichen Zuständen zusammengepferchte Unterschicht die Schnauze voll hat und mit Kampfansage den Zug von hinten nach vorne (zur ominösen Maschine) erobern will. Ein Film mit expliziter Gewaltästhetik, so abgedreht und erstaunlich ideenreich, das es einem schwindlig wird. Großartig!




7. Nightcrawler – Jede Nacht hat ihren Preis
Ein spannender, zudem sehr gut geschriebener und stark gespielter Thriller über die gierige Medienlandschaft und ihrem nicht zu stillenden Sensationshunger. Jake Gyllenhaal ist grandios in der Rolle des Kleinkriminellen Louis Bloom, der auch über Leichen geht. Verstörend und mit einer Nachhall-Wirkung, die sich gewaschen hat.



6. Her
Ein faszinierender, wenn auch ungewöhnlicher Film über das Thema aller Themen: die Liebe. Joaquin Phoenix spielt den einsamen und introvertierten Theodore, der sich in das Betriebssystem ‚Samantha‘ (im Original gesprochen von Scarlett Johansson) verliebt. Klingt schräg, ist aber wunderschön insziniert. Das Drehbuch von Spike Jonze gewann zu Recht den Oscar, der Soundtrack ist ebenfalls klasse. Berührt.

5. Boyhood

Für sehr viele Kritiker der Film des Jahres und Oscarfavorit für die kommende Verleihung. Die Tatsache, dass dieses Projekt über 12 Jahre Entstehungzeit gebraucht hat, macht ihn schon mal sehr Besonders. Regisseur Richard Linklater hat alle Schauspieler verpflichtet über die gesamte Dauer einmal im Jahr paar Szenen zu drehen um daraus einen abendfüllenden Spielfilm über einen Jungen vom Kind bis zum Erwachsenenalter realistisch darzustellen. Sicherlich ein Ausnahmefilm und einer der Besten im vergangenen Jahr. Patricia Arquette als Masons alleinerziehende Mutter kann sich schon mal einen Platz im Regal für ihren Oscar freimachen, den sie höchstwahrscheinlich Ende Februar verliehen bekommt.




4. 12 Years A Slave
Brutal und schonungslos zeigt hier Regisseur Steve McQueen um 1841 das Schicksal des afroamerikanischen Geigenspielers Solomon Northup (beeindruckend: Chiwetel Ejiofor), der unter Drogeneinfluss versklavt und verkauft wird, bis er nach 12 Jahren `Hölle auf Erden` freigelassen wird. Herausragend und gewaltig, in jeder Hinsicht. Der Film bleibt im Gedächtnis haften.



3. Gone Girl – Das perfekte Opfer
Die Buchvorlage von Gillian Flynn war schon erstklassig, der Film ist es auch. Meister David Fincher hat diesen stimmigen Thriller gedreht, was man von der ersten Minute an auch ansieht. Sehr interessant die Tatsache, das der überraschende ‚Twist‘ bei dieser Geschichte bereits schon zur Filmmitte aufgelöst wird, der Rest der Handlung aber trotzdem noch sehr spannend bleibt, das keine Langeweile aufkommt und das ist eine Kunst, die nicht jeder in diesem Fach beherrscht. Komplex im Inhalt, aber nicht anstrengend zuzuschauen. Rosamund Pike als Ben Afflecks verschwundene Frau ist brillant und für mich die Schauspielerin des Jahres.
2. The Wolf Of Wall Street
Diese dreistündige Satire über den koksenden Börsenmakler Jordan Belfort  wirkt so Frisch, böse und überdreht, man würde vermuten, dass es von einem blutjungen Regisseur gedreht wurde. Aber es ist tatsächlich der 75jährige Martin Scorsese, der hier nochmal zeigt, was in ihm steckt. Gier und Eitelkeit vernebeln Leonardo DiCaprio die Sinne und nie war er besser wie in dieser Rolle. Eine hysterische Operette, wie auf Speed. Wahnsinn!

1.      The Grand Budapest Hotel

Mein Lieblingsfilm des Jahres sprüht nur so vor Einfallsreichtum, Schönheit und Skurrilität. Wes Anderson hat dieses vergnüglich raffinierte Kunstwerk geschaffen, das ziemlich schräg aber auch sehr Original daherkommt, ein typischer Anderson eben. Ich habe mich in diesen Film verliebt und habe nach Verlassen des Kinos noch lange über das Gesehene geschwärmt. Der Cast ist bis in die kleinsten Rolle ebenfalls superb besetzt. Ich erspare mir jetzt eine Inhaltsangabe, ich wüsste auch gar nicht wie ich diese fabelhaften 100 Minuten in 2 Sätzen ausdrücken soll. Anschauen!

Mittwoch, 19. November 2014

Interstellar (2014)


Es steht schlecht um Planet Erde. Das Leben der Menschheit wird durch starke Sandstürme existenziell bedroht, die industrielle Zivilisation befindet sich auf dem absteigenden Ast und die Nahrungsmittel sind so gut wie nicht mehr bekömmlich. Die gesamte Biosphäre ist so massiv beschädigt, dass das Dasein auf lange Sicht nicht mehr möglich ist. Der NASA-Leiter und Professor Brand (Michael Caine) tüftelt seit Jahrzehnten an einer Quantengravitation-Theorie, die es ermöglicht die Schwerkraft zu manipulieren und so viele Menschen mit Hilfe einer Raumstation  durch ein Wurmloch zu transportieren um sie dann auf einen neuen und lebensfähigen Planeten zu bringen, wo bereits vor 10 Jahren Astronauten hingeschickt wurden. Dafür holt er sich den ehemals besten NASA-Astronauten Cooper (Matthew McConaughey), der gemeinsam mit Brands Tochter Amelia (Anne Hathaway) und anderen Verbündeten beauftragt wird, die entdeckten Planeten ebenfalls zu erforschen. Coopers hochbegabte Tochter Murphy (Mackenzie Foy) ist gegen die Beteiligung ihres Vaters an dieser Mission, da sie auf verschiedene Weise Botschaften in ihrem Zimmer empfängt, die sie mehr als misstrauisch machen. Wird es der Astronauten-Crew gelingen, einen neuen bewohnbaren Lebensraum für die aussterbende Bevölkerung zu finden? Was ist Plan B? Droht tatsächlich die Apokalypse?

Mehr will ich zum Inhalt auch nicht schreiben.  Für INTERSTELLAR wurde im Vorfeld so heftig die Werbetrommel  gerührt, dass es einem schon vor dem eigentlichen Anschauen des Films etwas schwindlig wurde. Also kein Wunder dass da die Erwartungen bei so einem Hype immens groß sind. Die neunte Regiearbeit von Meister Christopher Nolan ist ein wuchtiges und in jeder Hinsicht schwergewichtiges Science-Fiction-Drama geworden. Es geht um Themen wie Liebe, Zusammenhalt der Familie, Schuld, Murphys Gesetz „Whatever can go wrong will go wrong.“ und natürlich um die Rettung der Menschheit.
Zuerst läuft der Film sich etwas warm, geht los mit Teil 1, der Erde. Man sieht ein Amerika im eskalierten Klimawandel, mit karger Landschaft mitsamt einer nicht wieder herzustellenden Umweltkatastrophe und  mitten drin die Familie Cooper, die sich fast nur noch von Mais ernähren kann. Der Sauerstoff wird durch die Sandstürme knapp, ein Leben ohne Atemschutz ist fast nicht mehr möglich. Im zweiten Teil kommt dann der instellarische Hauptteil zum Zuge, also die Expedition ins Weltall, der für mich stärkste von Allen. Und im dritten Teil schließlich  die Zeitverschiebung durch Zeit, Raum und Schwerkraft und durch diese bekommen wir auch eine sehr ungewöhnliche Familienzusammenführung präsentiert, die ich vorher so noch nie gesehen habe. Knapp 3 Stunden lang ist der Film und überfüllt mit so vielen  Themen, die den einen oder anderen Zuschauer mit Sicherheit etwas überfordern könnten.

Visuell und Sound-technisch ist dieser Blockbuster spektakulär gelungen. Die Szenen, wie z.B. das Eindringen des Shuttles in das Wurmloch oder die Bilder vom Weltall sind absolut beeindruckend gelungen und vermutlich in der Art noch nicht zu sehen gewesen auf der großen Leinwand. Überhaupt ist die Optik grandios, der verantwortliche Kamermann Hoyte Van Hoytema (der schon mit THE FIGHTER und HER tolle Bilder geschaffen hat) versteht was von seiner Arbeit. Nolans Kino selbst gilt bei vielen Kritikern als unterkühlt und humorlos, hier versucht er zumindest etwas gegenzulenken und zeigt zum ersten Mal wahre Emotionen, im Fall des Hauptprotagonisten Witwer Cooper und seiner Familie. Er ging auch auf Nummer sicher und konsultierte Fachexperten und Physiker zu den Phänomenen Gravitation und Relativität , also nahm er sein Projekt durchaus sehr ernst, was absolut für ihn spricht und eigentlich bei so einem Profi wie ihn auch nicht anders zu erwarten war. Im direkten Vergleich (auch wenn solche normalerweise blöde sind, ich weiß) hat mir GRAVITY trotzdem wesentlich besser gefallen. Wenn  man dann noch Stanley Kubricks großen und unantastbaren  Kultfilm 2001 – ODYSSEE IM WELTRAUM mit heranzieht, dann fällt INTERSTELLAR im Gesamtbild  noch etwas tiefer in meiner Gunst. Da wo 2001 mit einer eigenen und eher ruhigen Filmsprache ohne viele Worte beeindruckt und ebenso die großen Fragen der Menschheit stellt (bis heute noch!), wirkt Nolans Werk dagegen etwas zu laut, leider zu sehr geschwätzig (ein guter Film muss nicht alles aussprechen), etwas zu überladen und schmeckte mir nach Verlassen des Kinos stark nach überzuckerten Popcorn, jedenfalls für meinen Geschmack. Der Film kann sich auch nicht wirklich entscheiden, was er eigentlich sein will: ein tiefgründiger  und actionbeladener Sci-Fi? Eine philosophische Reflektion über Raum und Zeit? Oder doch letztlich eine anrührende Familiengeschichte? Irgendwie wirkt der Mix hier teilweise recht unausgeglichen  und unharmonisch. Die Dramaturgie in INTERSTELLAR ist auch nicht sehr stark, trotz des interessanten Themas und dabei nimmt der Film sich selbst bierernst. Nolan und sein Bruder haben auch schon weitaus stärkere Drehbücher verfasst als diesen hier.
Klingt bei dem bisschen meckern so, als hätte mir diese Welraumoper nicht sonderlich gut gefallen, aber das stimmt nicht. Sehenswert und interessant  ist das Ergebnis allemal. Es ist ein ambitionierter Film, der auch gleichzeitig unterhaltsam ist, keine Frage, darin ist Nolan Experte. Aber „dieses unfassbare Meisterwerk“ wie soviele es im Vorfeld betitelt haben, sehe ich in diesen 169 Minuten nicht. Vielleicht revidiere ich meine Meinung, wenn ich ihn paar Jahre oder Jahrzehnte später nochmal sehen sollte, wer weiß. Für mich ist INTERSTELLAR nicht das beste Werk von Nolan, mir persönlich gefallen eine Handvoll anderer Filme von ihm weitaus besser, gelungener und rundum stimmiger. Streng genommen ist INTERSTELLAR eigentlich ein typischer Christopher Nolan Film (Idee, Setting, Kamera, Musik), aber es hat diesmal nicht sofort Klick gemacht bei mir. Seltsam, wie es so manchmal ist.

Die interessanteste Figur im Film ist für mich die wissensdurstige Murphy, die eines Tages Sandspuren mit verschieden Codes in ihrem Zimmer entdecken wird. Später wird Sie dem Geheimnis auf die Spur kommen. Die Rolle wird hier von drei wunderbaren Schauspielerinnen verkörpert. Als Kind von Mackenzie Foy, als Erwachsene von Jessica Chastain und als Greise von Ellen Burstyn, die ich hinter ihrer Maske zuerst gar nicht erkannt habe.

Bei der nächsten Oscar-Verleihung wird der Film sicherlich in den technischen Kategorien so einiges abräumen, die Filmmusik von Hans Zimmer wird auch gute Chancen haben. Vermutlich wir er auch als Bester Film nominiert werden, gewinnen wird er den Hauptpreis aber nicht. Die guten Darstellerleistungen hier werden es auch schwer haben eine Nominierung zu ergattern, da ist die Konkurrenz im Vergleich dieses Jahr einfach zu stark. Ist nur so ein Gefühl.

 7.5/10

Mittwoch, 30. Juli 2014

Hilary Swank Special - Top 15 Filme


Hilary Swank steht kurz vor Ihrem schauspielerischen Comeback mit THE HOMESMAN, einen Western von Tommy Lee Jones, der neben Swank auch selbst eine Hauptrolle übernimmt. Ich habe mich bei der Headline diesmal ganz bewusst auf eine ‚Top 15‘ bezogen und nicht auf DIE Lieblingsfilme von Hilary Swank, wie beim Nicole Kidman-Special zuvor, auch wenn die Swank eine Zeit lang meine Lieblingsschauspielerin war, die Kidman Filme in meinem Countdown mag ich uneingeschränkt allesamt und Fakt ist: Swank hat in einigen sehr sehenswerten Filmen eine gute Figur gemacht, allerdings hat Sie auch in genauso vielen Arbeiten eher enttäuscht, was aber (um das fairer halber zu schreiben) nicht unbedingt immer an ihr lag. Streng genommen mag ich die TOP 8 am aller Liebsten, bei dem Rest mach ich schon durchaus sichtbare Abstriche. Manchmal fabrizieren auch große und preisgekrönte Regisseure oder Drehbuchautoren eher Langeweile denn Großtaten, da hat Hilary Swank auch mal die eine oder andere Niete gezogen, kann passieren. Zum Trost sei erwähnt, das Sie immerhin eine der ganz wenigen in Hollywood ist, die es mit u.a. Elizabeth Taylor, Bette Davis, Meryl Streep, Jane Fonda und Jodie Foster aufnehmen kann, den sie ALLE haben als einzige 2 Mal den Oscar als Beste Hauptdarstellerin überhaupt gewonnen. Darauf kann sich die Swank durchaus was einbilden, aber die Frau ist trotz alle dem sympathisch geblieben, sehr vielseitig und auch überaus talentiert, da gibt es keinerlei Einspruch. Los geht’s!

Aber HALT! Bevor der Countdown losgeht, erstmal der Film, der es als einziger nicht in die TOP 15 geschafft hat und den ich auch am absolut schlechtesten finde (und viele Frauen mögen mir das auch bitte verzeihen)… die Geschmäcker sind eben verschieden, zum Glück:

FLOP:

P.S. ICH LIEBE DICH (2007) Regie: Richard LaGravenese
 
Als Mann hat man es wirklich schwer bei diesem Film ruhig zu bleiben und ich fühle mit vielen Männern die damals ihre Freundin mit ins Kino begleiten ‚mussten‘. Da war Swank gerade sehr angesagt und ich habe den Film auch tatsächlich im Lichtspielhaus gesehen, eigentlich nur wegen ihr. Aber wie damals bin ich auch heute alles andere als begeistert von diesem Machwerk und da spielt es auch keine Rolle dass neben Swank auch die wundervolle Kathy Bates ihre toughe Mutter spielt und vom Erfolg der Buchvorlage auch mal ganz abgesehen. Ich habe das Buch nicht gelesen, aber es wie so oft bei vielen Anhängern nachzulesen, dass sie das Buch extrem toll fanden, die Verfilmung dagegen grauenhaft. Abgesehen davon ist Cecilia Ahrens auch nicht meine favorisierte Schriftstellerin. Der Film will auf der einen Seite lustig sein, auf der anderen Seite berühren. Tragikomödie nennt man das im Fachgenre und da versagt dieser kläglich (wie übrigens bei den aller meisten Versuchen, diese schwierige Mischung zu meistern). Mich hat der Film überhaupt nicht berührt, noch konnte ich über die erschreckend gestellten humoristischen Szenen lachen, eher müde lächeln, eigentlich hat er mich vom Anfang bis zum Ende nur genervt. Glaubt mir, hier würde ich gern was Positives schreiben, weil mir all diese schlimmen Jennifer Aniston und Katherine Heigl-Schmonzetten eher Alpträume bescheren und so überhaupt nicht meinen Haha-Geschmacksnerv treffen. Swank wird hier leider komplett verschenkt (sie ist eindeutig besser in Drama-Rollen) und über Grinsebacke Gerald Butler schreibe ich lieber an dieser Stelle mal gar nix, außer dass er zumindest nicht ganz unsexy ist. Beide Daumen runter, sorry.

01/10



15. AMELIA (2009) Regie: Mira Neir


Der Trailer ist wundervoll und machte wirklich Lust auf mehr. Aber leider hat mich dieser Biopic-Versuch der Flugpionierin Amelia Earhart wie fast kein anderer Film von Swank maßlos enttäuscht, trotz Starpower Unterstützung von Richard Gere und Ewan McGregor. Ich habe damals eine Kritik in der Rundschau gelesen, die es auf den Punkt bringt: Selten so einen uninteressanten Film über so eine interessante Figur gesehen. Das Ergebnis ist mir zu geschönt, die Inszinierung zu hölzern geraten, zu sprunghaft, relativ einseitig erzählt und hat mich am Ende eher kalt gelassen. Dabei hat zumindest optisch Swank durchaus Ähnlichkeiten mit der echten Earhart. Auf ganzer Linie unbefriedigend. Schade!
02/10



14. THE CORE – DER INNERE KERN (2003) Regie: Jon Amiel


Swanks bisher einziger Ausflug ins Action-Fach. OK, machen wir uns nichts vor, die Geschichte ist hirnrissig und alles andere als realistisch, aber das übersehen wir jetzt mal gekonnt. Ich spare mir jetzt hier eine Inhaltsangabe, wer einen Film sehen will, der auch ohne das Gehirn anzustrengen funktioniert und klischeehaft ausgestattet ist, kann hier getrost reinhauen. Ich wette aber, dass man den Film dann auch schnell wieder vergessen wird oder gar will. Hier mangelt es vor allem am Drehbuch, das stellenweise haarsträubend ist und was ebenfalls sehr schade ist (und das kann so einen Film meistens noch retten) sind die Special Effects, die mich auch nicht wirklich umgehauen haben und die teilweise richtig mies aussehen. Ach ja, und der ewige nervtötende Nerd ist auch wieder mal an Bord, auch typisch für solche Filme. Fazit: Mission absolut nicht geglückt! Aber sehenswerter als Michael Bays ekelhaftes ARMAGEDDON ist THE CORE allemal, wenn auch nur minimal besser.
03/10



13. THE RESIDENT (2011) Regie: Antti Jokinen


Ein Psychothriller von Antti Jokinen….ähm, wer bitte?! Ich habe keine Ahnung wer das ist und ich will mir nicht ausmalen, das der Film vermutlich ein richtig guter und vor allem spannender geworden wäre mit jemand anderen auf dem Regiestuhl. Der Film lief nicht mal bei uns im Kino, er ist direkt auf DVD erschienen, was ja schon einen Flop nahe kommt. In Wahrheit verdient dieser bestenfalls das Prädikat ‚Mittelmäßig‘. Swank spielt hier eine Ärztin, die nach der Trennung ihres Freundes in Brooklyn eine neue Wohnung bezieht. Wie es sich herausstellt ist der anfangs so charmante Hausherr Max (Jeffrey Dean Morgan) alles andere als ‚der nette Nachbar‘ von nebenan und ein Katz-und-Maus Spiel zwischen den Beiden beginnt. Klingt packend, das Ergebnis ist es aber nicht. Es fängt alles gut und vielversprechend an, zum Ende hin wirkt aber leider alles sehr überraschungsarm, vorsehbar und ohne jeglichen Tiefgang.  Ach ja und den Verantwortlichen für das Cover-Artwork könnte ich auch gleich zusätzlich eine scheuern (Verrät nicht zu viel, verdammt!). Es ist immer wieder toll ‚Mr. Dracula‘ Christopher Lee zu sehen, der hier Maxs Großvater spielt, der allerdings aber auch hier eher Beiwerk ist und nicht wirklich tragend was für die Handlung beisteuert. Unterm Strich: leider unrund.
05/10





12. DAS HALSBAND DER KÖNIGIN (2001) Regie: Charles Shyer


 
Der Film dreht sich um die sogenannte Halsbandaffäre (org. THE AFFAIR OF THE NECKLACE) einen Betrugsskandal am französischen Hof in den Jahren 1785/1786, in den auch die berühmte Königin Marie Antionette verwickelt wurde. Ich bin kein großer Fan von historischen Kostümfilmen, da fällt mir jetzt spontan nur einer ein, den ich wirklich liebe und der auch zu meinen absoluten Lieblingsfilmen zählt: GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mit Glenn Close in der Hauptrolle. Der hier gehört nicht dazu, dafür hat er mich an einigen Stellen einfach viel zu sehr gelangweilt. Leider muss ich auch sagen, das Swank als Jeanne St. Remy de Valois (was für ein Name!) hier nicht ganz überzeugend rüberkommt, da fand ich die anderen Darsteller, allen voran Christopher Walken, Adrien Brody und Joely Richardson weitaus sehenswerter und besser besetzt. Der Film ist etwas zu zahnlos geraten, die Buchvorlage hat laut Kennern mehr Biss und ist spannender erzählt. Für meinen Geschmack passabel und optisch zumindest einigermaßen zufriedenstellend gelungen.


05/10


11. THE REAPING – DIE BOTEN DER APOKALYPSE (2007) Regie: Stephen Hopkins




Ich bin ein großer Fan von Horror und Grusel, wenn’s denn auch gut gemacht ist. Hilary Swank spielt hier eine Theologin, die nach einem traumatischen Erlebnis ihren Glauben zu Gott verliert und nun hinter jedem Wunder eine wissenschaftliche Erklärung in der Kleinstadt Louisiana sucht, die von den zehn biblischen Plagen heimgesucht wird. Die Idee ist super, das Ergebnis leider eher Durchschnitt. Bei der Kritik kam der Film so richtig schlecht weg, die teilweise ihn als schwachsinnig und lächerlich einstuften. So radikal mag ich mit ihm jetzt nicht ins Gericht ziehen, er hat teilweise schon seine Momente bzw. Effekte, obwohl diese ewig kleine, bösen Mädchen mit dem Teufelsblick mir schon langsam etwas auf die Nerven gehen (wie oft denn noch?!). Kann man sich ansehen, man verpasst allerdings nicht viel. Vielleicht habe ich aber auch einfach nur schon zu viele Filme dieser Art gesehen. Kurzweiliges Vergnügen, aber der Funke ist bei mir nicht übergesprungen. Kein Highlight für eine hier etwas unterforderte Swank.
06/10




10. BLACK DAHLIA (2006) Regie: Brain De Palma


Die wahre Geschichte ist schon an für sich faszinierend und beschäftige damals Ende der 40er heftig die Gemüter in Los Angeles. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von James Ellroy (L.A. CONFIDENTIAL) geht es um einen Mord an dem Starlett Elizabeth Short, die grausam entstellt entdeckt wird. Da sie schwarz gekleidet gefunden wird, verpasst ihr die Presse den Namen ‚ Die Schwarze Dahlie‘. Es hätte ein richtig großartiger Film werden können, nur leider hat dieser ein grundlegendes Problem: Die Besetzung. Hier ist fast jeder falsch besetzt worden, Swank als Femme Fatale kaufe ich ihr keine Sekunde ab, Josh Hartnett als Privatdetektiv ebenso wenig. Aaron Eckhart und Scarlett Johansson harmonieren auch nicht wirklich, zumindest sehen aber alle blendend aus. Das Drehbuch ist schwach und der Film ist sowohl bei den Kritikern als auch beim Publikum komplett durchgefallen. Aber einen großen Pluspunkt hat der Film dennoch, das ihn doch noch etwas vorm Untergang  rettet: Er ist wunderbar anzuschauen und genial gefilmt, Kameramann Vilmos Zsigmond wurde für seine Arbeit auch verdient für einen Oscar nominiert. Aber ehrlich, Brian De Palma hat zuvor in seiner Filmografie  viel, viel Besseres und Spektakuläreres zu Stande gebracht, dieser etwas überraschend seelenlose Beitrag  gehört leider nicht zu seinen Meisterwerken.
06/10




9. RED DUST – DIE WAHRHEIT FÜHRT IN DIE FREIHEIT (2004) Regie: Tom Hooper


 
Der Regisseur war zu dem Zeitpunkt noch relativ unbekannt, später hat er mit THE KING’S SPEECH den großartigen Colin Firth zu Oscar-Ruhm verholfen und zwei Jahre später auch Anne Hathaway für LES MISERABLES, ein Film, mit dem ich auch nie wirklich warm werde. RED DUST ist ein Justiz-Filmdrama, das sich mit der Wahrheits- und der Versöhnungskommission in Südafrika auseinandersetzt (heißt: politisch motivierte Verbrechen zu verhandeln, die während der Apartheid begangen worden waren). In dem Film geht es speziell um Alex (wunderbar: Chiwetel Ejiofor), der das Verschwinden seines Freundes Steve mit Hilfe von Anwältin Sarah (Hilary Swank) aufklären will. RED DUST bietet anspruchsvolle Filmkost und fällt überraschend glaubwürdig aus, dank des gelungen und klugen Drehbuchs. Swank und Ejiofor harmonieren wunderbar miteinander.

07/10




8. IRON JAWED ANGELS (2004) Regie: Katja Von Garnier


Ich mag den Filmtitel „Alice Paul: Der Weg ins Licht“ nicht wirklich, wie so oft bei den meisten deutschen, schwachsinnigen Übersetzungen. Der Weg ins Licht, was soll denn das schon wieder bedeuten?! Egal, dieser eher kleine Fernsehfilm von HBO wurde von der deutschen Katja Von Garnier insziniert, im Kern geht es um Alice Paul (Hilary Swank) und Lucy Burns (Frances O’Connor), zwei Aktivistinnen, die zwischen 1912-20 für das US-Frauenwahlrecht kämpften und die für ihren Einsatz im Gefängnis landen und in Hungerstreik treten, bis die Öffentlichkeit von ihren extremen Bedingungen und der brutalen Zwangsernährung Wind bekommt. Der Film wurde überwiegend von den Kritikern positiv aufgenommen und das ist er auch, rundum aufklärend sehenswert, überzeugend dargestellt und gekonnt in Szene gesetzt. Die fabelhafte Anjelica Huston hat hier auch ein paar schöne Kurzauftritte, dafür gab’s einen Golden Globe, Swank war ebenfalls für einige Darstellerpreise nominiert.

07/10



7. FREEDOM WRITERS (2007) Regie: Richard LaGravenese
 
Eine ambitionierte Lehrerin, die versucht eine anfangs schwierige und rassistisch vergiftete Klasse zu unterrichten. Kommt einem bekannt vor? Ja natürlich, da gab es schon mal in den 90ern DANGEROUS MINDS mit Michelle Pfeiffer in der Hauptrolle und im direkten Vergleich gefiel mir DM weitaus besser. Aber FREEDOM WRITERS ist beileibe kein schlechter Film, er basiert auf wahre Begebenheiten, die echte Erin Gruwell hat ihre Erlebnisse aufgeschrieben und veröffentlicht, Richard La Gravenese hat den Stoff nicht großartig, aber doch ganz annehmbar und sehenswert verfilmt (meiner Meinung nach sollte er überwiegend mehr Drehbücher schreiben, denn Regie führen, da bewies er in der Vergangenheit ein stets sichereres Händchen). Swank überzeugt in dieser einfühlsamen Rolle. Ich weiß nur immer noch nicht, was ich von Patrick Dempsey halten soll.
07/10



6. THE GIFT – DIE DUNKLE GABE (2000) Regie: Sam Raimi
 
Dieser Mystery-Film gehört streng genommen der wie immer ausgezeichneten Cate Blanchett, die hier als verwitwete Wahrsagerin mit besonderer Begabung anderen die Karten legt und ihre Zukunft voraussagt. Hilary Swank (Vokuhila-Alarm!) spielt hier nur eine kleine Nebenrolle, nämlich als die geprügelte Ehefrau von Beauty Keanu Reeves. Die anderen Darsteller agieren ebenso glaubwürdig wie großartig, neben Greg Kinnear und Katie Holmes überzeugt aber vor allem Giovanni Ribisi als psychisch gestörter Autohändler Buddy, dessen Schicksal in dem Film eine tragende Rolle spielen wird. Warum dieser talentierte Schauspieler bisher noch seinen Durchbruch nicht geschafft hat, ist mir schleierhaft. Der Film selbst bietet eine fesselnde Atmosphäre, wenn auch anfangs eher moderat erzählt steigt die Spannung ungebremst von Szene zu Szene, bis zum zufrieden stellenden Finale. Im Kino war THE GIFT kein überragend großer Erfolg, aber nach der DVD Veröffentlichung mauserte sich  dieser vom Sleeper zum Genre-Hit. Gut gemacht, Sam Raimi (dem wir auch DER TANZ DER TEUFEL zu verdanken haben). Leider immer noch zu unbekannt und eine klare Empfehlung meinerseits.

08/10



5. BETTY ANNE WATERS (2010) Regie: Tony Goldwyn

 

Nach RED DUST noch ein Film, in dem Swank eine Anwältin spielt, das auf wahre Begebenheiten basiert. Hier versucht sie ihren an einem Mord mit Vergewaltigung beschuldigten Bruder aus dem Knast zu retten. Sie holt ihren Highschool-Abschluß nach und fängt an hartnäckig Jura zu studieren, da sie als einzige von seiner Unschuld überzeugt ist. Der Cast ist exzellent: Neben Swank agieren Sam Rockwell (ihr verurteilter Bruder), Peter Gallagher, Minnie Driver, Melissa Leo (leider hier viel zu kurz zu bewundern), Clea DuVall und Juliette Lewis in einer sehr genialen Rolle als rachsüchtige Asi-Braut Roseanna Perry. Regisseur Goldwyn (normalweise Schauspieler, bekannt als Patrick Swayzes gierig böser Bruder aus GHOST – NACHRICHT VON SAM) hat hier fast alles richtig, stimmig und überzeugend gemacht, es gibt wenig zu bemängeln meiner Meinung nach. Aber eine Tatsache stört mich dann schon etwas und zwar das geschönte und zu sehr harmonische Ende dieser Geschwisterliebe. Wer nämlich etwas über den echten Kenny Waters recherchiert erfährt interessanter weise, dass dieser nach fast zwei Jahrzehnten unschuldigen Gefängnisaufenthalt und dem Kampfgeist seiner Schwester nur sechs Monate nach seiner Entlassung (und das muss Ironie sein!) bei einem Klettersturz ums Leben kommt. Das wird hier nicht erwähnt, nicht mal im Abspann. Life Is A Bitch And Then You Die, Kenny! Immerhin starb er als freier Mann. Parallelen zu ERIN BROKOVICH oder DEAD MAN WALKING lassen sich auch nicht so leicht verleugnen. Mir hat der Film trotzdem ganz prima und gut unterhalten.
08/10
 

4. 11:14 (2003) Regie: Greg Marcks


Ein kleiner, aber feiner und origineller Independent-Film und damals eine echte Überraschung für mich. Wie ein verschachteltes Puzzle, das langsam chronologisch rückwärts erzählerisch zu recht gerückt wird. Hier geht es u.a. um einen Unfall, nein eigentlich streng genommen um zwei Unfälle und einen abgetrennten Penis… und natürlich diese Uhrzeit 11:14 in der Abendstunde. Klingt etwas kurios, ich weiß, aber am Ende ergibt sich ein Gesamtbild der schrulligen Ereignisse und kein Zuschauer bleibt Schulterzuckend zurück, versprochen. Wunderbar clever gemacht, auch der schwarze Humor ist super. Für sein Debüt hat Greg Marcks einen sehr unterhaltsamen und sehenswerten Episoden-Film geschaffen, interessanter weise hat man leider von ihm seit dem nichts mehr gehört oder gesehen, was sehr schade ist. Hier gibt es auch noch Patrick Swayze als treusorgenden Vater und die hervorragende Barbara Hershey zu bestaunen. Swank durfte sich eine Zahnspange ankleben lassen und mimt hier eine etwas einfältige Supermarkt-Angestellte, die ausgeraubt wird. Der Film besitzt längst Kultstatus. Anschauen, es lohnt sich!
8.5/10



3. INSOMNIA – SCHLAFLOS (2002) Regie: Christopher Nolan
 
Nach dem genialen MEMENTO hat Christopher Nolan diesen fantastischen Thriller gedreht, eine Neuverfilmung des norwegischen Films TODESSCHLAF aus dem Jahr 1997. Hier sehen wir einen schlaflosen Al Pacino, der versucht einen Mordfall in Alaska aufzuklären, unterstützt wird er dabei von Jungpolizistin Hilary Swank, die eine Lektion für’s Leben lernen wird. Gegen seinen Typ besetzt spielt hier Robin Williams den Bösewicht, das hat er auch schon kurz zuvor in dem ebenfalls sehr sehenswerten ONE HOUR PHOTO ganz überzeugend hingekriegt. Mit Hilfe von Kamermann Willy Pfister gelingt Nolan ein Film, der sowohl optisch, atmosphärisch als auch darstellerisch für jeden Cineasten keine Wünsche offen lässt. Sehr subtil als auch präzise stark umgesetzt, Herr Nolan. Danach hat er Batman aus der Versenkung geholt und ihm ein mehr als würdiges Comeback verschafft.

09/10



2. MILLION DOLLAR BABY (2004) Regie: Clint Eastwood



Angeblich war ursprünglich Sandra Bullock für die Hauptrolle vorgesehen, die aber abgesprungen ist… da hätte ich nur zu gern gewusst, warum Sandra?! War ihr vielleicht die Rolle doch etwas ‚zu hoch‘? Es muss doch von jedem Schauspieler ein Traum sein mit Altmeister und Ikone Clint Eastwood zusammen zuarbeiten. Jedenfalls ging der Part dann auch (glücklicherweise) an Swank und die hat mit dieser Rolle hochverdient ihren 2ten Oscar gewonnen. Alle haben hier von diesem Film profitiert, Morgan Freeman und Eastwood wurden ebenfalls geehrt, der Film selbst wurde als der Beste des Jahres ausgezeichnet. Swank spielt hier ein sogenanntes ‚White-Trash‘-Girl das nur einen einzigen Traum hat, nämlich Profiboxerin zu werden. Zähneknirschend lässt sich Eastwoods Figur darauf ein sie zu trainieren, der aber selbst privat keinen wirklichen Seelenfrieden findet. Der verbale Schlagabtausch zwischen Eastwood und Freeman sind Kinomagie pur. Der Film behandelt zudem auch ein sehr sensibles Tabuthema, der den Verantwortlichen nicht nur Beifall beschert hat. Wer den Film bisher noch nicht gesehen hat, wird vermutlich am Ende feuchte Augen kriegen.
9.5/10



1.      BOYS DON’T CRY (1999) Regie: Kimberly Peirce
 
Brandon (Hilary Swank) ist ein dufter Typ, mit dem man Pferde stehlen kann: der schmächtige Junge ist charmant, kann gut küssen und ist immer für einen Scherz gut. Wie einige Mädchen und insbesondere die schöne Lana (Chloé Sevigny) im gottverlassenen Kaff Falls City, Nebraska feststellen dürfen. Da gibt es nur ein Problem: In Wirklichkeit ist Brandon das Mädchen Teena Brandon; sie ist unglücklich und erzählt lügen, denn sie hat keine Mutter in Florida, keinen Vater in Hollywood und auch keine Schwester, die Model ist ... Im rauhen, aber biergesättigt herzlichen Milieu der weissen Unterschicht mag man sich als kleinkrimineller Slacker Ansehen erwerben, aber bei sexuellen Abweichungen sieht das schon ganz anders aus. Als Brandons Lügengespinst auffliegt, kommt es zur Katastrophe, er bekommt es mit Lanas Jugendfreund John (Peter Sarsgaard) zu tun, der gerade mal nicht einsitzt, und dessen debilem Buddy Tom.

BOYS DON’T CRY ist eine Mischung aus Road-Movie und Selbstfindungsdrama, ein aufwühlender Film über eine junge Frau, die lieber ein Mann wäre, aber an der Intoleranz einer konservativen Provinzgesellschaft und der Fragilität des Selbstbewusstseins anderer Männer scheitert. Als sich herausstellt, dass Brandon in Wirklichkeit eine Frau ist, glauben zwei Kleinkriminelle, die auf die Verkleidung hereinfielen, sie bestrafen und die Ordnung wiederherstellen zu müssen.
Die Tragödie basiert auf einer wahren Begebenheit in Nebraska: Teena Brandon wurde 1993, knapp drei Wochen nach ihrem 21. Geburtstag, ermordet. Die Regisseurin Kimberly Peirce drehte darüber zunächst einen Kurzfilm, 1999 dann mit einer anderen Besetzung ihr
en ersten abendfüllenden Film: BOYS DON’T CRY.

S
wankss Schauspiel ist eindrucksvoll, sie reißt die Zuschauer mit, weil es ihr gelungen ist, die schwierige Rolle nuanciert, überzeugend und fern von Klischees zu spielen, nämlich als einen Menschen mit Fehlern und Schwächen. Die damals 25-jährige soll sich auf die Dreharbeiten vorbereitet haben, indem sie sich einen Monat lang als Mann ausgab.
Keine Frage, dieser Film schmeckt nicht jedem, da er ziemlich kühl und ungeschönt daherkommt, vermittelt aber eine doch sehr wichtige Botschaft: Toleranz und Achtung vor der Menschenw
ürde. Stark, bleibt im Gedächtnis haften.

10/10